Landesverbandstag
der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation, Landesverband  Baden- Württemberg -CGPT-

 Pressemitteilung

Blickpunkt Mensch: „Post- und Telekomdienste zwischen Wettbewerb und Verbrauchern“

 Ulm: Die harten Zeiten des Wettbewerbs gehen auch an den Nachfolgeunternehmen der ehemaligen Deutschen Bundespost nicht spurlos vorbei. Etliche Umorganisationen, Personalkürzungen und Neustrukturierungen haben die vielen Arbeitnehmer im Bereich der Post- und Telekomdienste erduldet, um im harten Wettbewerb ihren Arbeitsplatz zur Existenzsicherung mit Standortsicherung erhalten zu können.

Markus Ferber (MdEP), der als Vorsitzender der CSU- Europagruppe  auf europäischer Ebene für die Liberalisierung der Postdienste zuständig ist, hat am 22. Oktober 2010 die Festrede zum vierten Landesverbandstag der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT), Landesverband Baden- Württemberg, gehalten. Brisant ist das Thema auch, weil die Liberalisierung bis zum nächsten Jahr in der Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU erfolgt sein muss. Die Mitgliedsstaaten müssen bei der Umsetzung nicht nur soziale Schutzstandards und faire Arbeitsbedingungen für die Angestellten im Postsektor gewährleisten. Ebenso muss sichergestellt sein, dass alle Menschen, gerade in ländlichen Gebieten, weiterhin Briefe verschicken und erhalten können. Aus seiner Sicht ging Ferber deshalb besonders auf die Probleme, die Herausforderungen und Lösungen ein.

 

Am Vormittag tagten die Delegierten des CGPT Landesverbandes BW bereits im Hotel Seligweiler. Nach den Geschäftsberichten wurde der Landesvorstand einstimmig entlastet. Die Neuwahlen des CGPT- Landesvorstandes bestätigten  überwiegend den bisherigen Landesvorstand. Gerhard Dannenberger wurde nach 16 Jahren wieder als Landesvorsitzenden bestätigt. Als neuer Schriftführer wurde Heinz Dommberger gewählt, die restlichen Vorstandsmitglieder wurden in ihrem Amt bestätigt (Anlage).

Das Motto „Blickpunkt Mensch“ wird die Arbeit der CGPT in den kommenden Jahren begleiten. Die Delegierten verabschiedeten eine Resolution, in der die Herausforderungen als Branchengewerkschaft im Post- und Telekommunikationsbereich im Zusammenhang mit dem Motto „Blickpunkt Mensch“ dokumentiert wurde (Anlage).

 

Um 14.00 Uhr wurden mit einem Sektempfang die Ehrengäste für den Festakt im Tagungshotel Seligweiler begrüßt.

Der alte und neue Landesverbandsvorsitzende Gerhard Dannenberger eröffnete um 14.30 Uhr den Festakt und begrüßte die zahlreichen Ehrengäste. Dannenberger stellte den neugewählten Landesvorstand vor und ging auf die Wichtigkeit des Mottos „Blickpunkt Mensch!“ für die kommenden Jahre als Branchengewerkschaft ein.

In seinem Grußwort ging Bürgermeister Gunter Czisch, als Vertreter des OB Ivo Gönner, auf die Wichtigkeit Christlicher Gewerkschaften sowie die verschiedenen Krisen in Wirtschaft und Politik ein, die heute und auch morgen unsere Gewerkschaftsarbeit prägen werden.

Die Wichtigkeit des „C“ bei Gewerkschaft und Politik waren der Schwerpunkt beim Grußwort des CGPT-Bundesvorsitzenden Ulrich Bösl. In den nächsten Jahren sind wir stark mit der Vielseitigkeit in Tarifverträgen gefordert. Dabei spielt der Mindestlohn in den Post- und Briefbereichen eine große Rolle sowie die zurzeit diskutierte Standortsicherung bei Telekom. Bösl bedankte sich für die gute Arbeit des Landesvorstandes. Er zeigte sich beeindruckt über das gute Ergebnis bei den Betriebsratswahlen im Frühjahr 2010.

Der Landesvorsitzende vom CGB Landesverband BW, Hans Gönner, ging in seinem Grußwort auf die politischen Probleme im Ländle ein.

Dass auf internationaler Ebene der CGPT LV-BW sehr aktiv ist, bestätigte in seinem Grußwort Felix Bischofberger von der Schweizer Gewerkschaft transfair. Er zitierte aus der Zusammenarbeitsvereinbarung der „Christlichen gewerkschaftlicher Partnerschaft Dreiländereck“ -CGPD- aus dem Jahr 2000. Vieles konnte gemeinsam durch CFTC (FR), transfair (CH) und CGPT (DE, LV-BW) erreicht werden. Als wichtigstes Ziel sehen wir aber Kontakte zum Europaparlament, zu Herrn Ferber MdEP und Fr. Dr. Niebler, MdEP. CGPD-Präsident Gerhard Dannenberger bestätigte, dass bereits im Januar 2011 die wichtigen Treffen im Europaparlament weiter geführt werden.

Der Festvortag von Festredner Markus Ferber, MdEP  und Vorsitzender der CSU-Europagruppe, stand unter dem Thema:
                  "Postdienste zwischen Wettbewerb und Verbrauchern:
                   Probleme, Herausforderungen, Lösungen"

Aussage von Markus Ferber:
"Bis 2011 muss die Liberalisierung der Postdienstleistungen in der Mehrheit der Mitgliedstaaten erfolgt sein. An unserem Ziel, für fairen Wettbewerb und gleichzeitig aber für ausreichende Servicequalität für die Verbraucher zu sorgen, müssen und werden wir festhalten. Die Mitgliedstaaten müssen bei der Umsetzung nicht nur soziale Schutzstandards und faire Arbeitsbedingungen für die Angestellten im Postsektor gewährleisten. Ebenso muss sichergestellt sein, dass alle Menschen, gerade in ländlichen Gebieten, weiterhin Briefe verschicken und erhalten können. Vor allem darauf werden wir ein wachsames Auge haben."

In seinem Festvortrag ging Markus Ferber, MdEP, im ersten Teil auf den Prozess der Postliberalisierung auf europäischer Ebene ein. Warum Liberalisierung des Postmarktes? „Postdienste sind entscheidende Schnittstellen im Kommunikationssektor und damit Eckpfeiler des gemeinsamen Marktes. Der Postsektor ist als große, weitreichende Branche zu verstehen, darum musste die Liberalisierung kontrolliert erfolgen!“ so Ferber. Die Liberalisierung erfolgte in 3 Schritten. 1997 - 2002 haben sich EP und Rat auf die ersten 2 Richtlinien geeinigt, damit wurde ein rechtlicher Rahmen für erschwingliche Preise im gesamten EU-Gebiet (Universaldienst) geschaffen. Seit Januar 2006 ist der Markt für Briefe und Pakete über 50 Gramm in allen Mitgliedsstaaten vollständig liberalisiert. Im Oktober 2006 hat die Kommission schließlich den Vorschlag für vollständige Marktöffnung für Briefe unter 50 Gramm mit Zieldatum 1. Januar 2009 vorgelegt, bei dem noch einige Feinheiten verändert werden mussten. Mit Stärkung des Universaldienstes muss sichergestellt sein, dass jede Person weiterhin Briefe abschicken kann, genügend Briefkästen vorhanden sind, die Zahl der Postfilialen ausreichen und das nicht nur in großen Städten, sondern gerade auch in den ländlichen Gegenden. Weiter musste sichergestellt werden, dass in einem vollständig liberalisierten Markt die soziale Absicherung nicht absinken darf und für die Beschäftigten im Postsektor ein Minimum an sozialem Schutz gewährleistet wird. Unter dem Gesichtspunkt und unter der Voraussetzung, dass diese Ziele, gesicherter Universaldienst, erschwingliche Preise, kein Sozialdumping, erfüllt sind, wurde die Marktöffnung ab dem 1. Januar 2009 unterstützt. Durch die neuen Mitgliedsstaaten auf Grund der Osterweiterung der EU wurde letztendlich am 31. Januar 2008 ein Kompromiss zwischen Mitgliedsstaaten und Kommission gefunden. Der Beschluss beinhaltet garantierten Universaldienst als Instrument zum Schutz der Verbraucher, Verschiebung der Marktöffnung erst ab 31. Dezember 2010. Beschlossen wurde auch die Einführung der Reziprozitätsklausel bis Ende 2012, das heißt, dass Mitgliedsstaaten, die ihre Märkte schon vollständig geöffnet haben, durch nationale Monopole den geschützten Anbietern die Zulassung verweigern können.

Im zweiten Teil sprach Ferber die Entwicklungen, Herausforderungen und Lösungen an. Bei der Beobachtung der Marktentwicklung wurde festgestellt, dass das Sendungsaufkommen weiterhin steigend ist, in den neuen Mitgliedstaaten um 6,5 % und in den alten Mitgliedsstaaten um 1,5 %. Der Wettbewerb entwickelt sich langsamer als erwartet. Die Verringerung des reservierten Bereichs auf Briefe ab 50 Gramm seit dem 1.1.2006 hatte kaum Auswirkung auf den Wettbewerb. Die überdurchschnittliche Dienstequalität bei grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Postsendungen lag 2006/2007 überdurchschnittlich bei 94 % (gefordert mind. 85 %) der Zustellung innerhalb von 3 Tagen. In seinen Schlussfolgerungen stellte Ferber fest:

  1. Für die Vollendung des Binnenmarktes ist ein effizientes Regulierungssystem in allen Mitgliedsstaaten erforderlich

  2. Aufforderung an den EU-Rat, sich über den Vorschlag der MWSt-Befreiung von Postdienstleistern von 2003 zu einigen

  3. Aufgabe der Regulierungsbehörden: Herstellen von Interoperabilität an einem Markt mit mehreren Betreibern und strategischer Markthemmnisse sowie Marktüberwachung

Das Europaparlament beobachtet die Prozesse weiterhin. In einer schriftlichen Anfrage wird die Kommission beauftragt, die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten kritisch zu begleiten. Dabei muss die Kommission auf drei Aspekte achten:

  1. Gewährleisten des Universaldienstes

  2. Garantie für faire Wettbewerbsbedingungen und optimale soziale Standards

  3. mögliche Maßnahmen, die infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise zu leisten sind.

In den Schlussworten bedankte sich der Landesverbandsvorsitzende Gerhard Dannenberger bei Markus Ferber. Dannenberger bezeichnete die momentane Situation bei der Postreform so, dass wir zurzeit auf der Zielgeraden einlaufen und dass wir uns in den nächsten Jahren auf europäischer Ebene im Endspurt befinden.

Zum Schluss nutzte Dannenberger die Gelegenheit, zwei verdiente Vorstandsmitglieder, die nicht mehr kandidierten, zu verabschieden: Leo Becker aus Keltern bei Karlsruhe und Ernst Rist aus Horgenzell bei Ravensburg, beide Gründungsmitglieder des  CGPT Landesverbandes Baden-Württemberg im Jahr 1994. Als stellvertretende Landesverbandsvorsitzende waren Ernst Rist von 1994 bis 2002 und Leo Becker von 1994 bis 2004 tätig. Anschießend waren beide als Beisitzer in verschiedenen Fachausschüssen bis 2010 tätig. Der Landesverbandsvorsitzende bedankte sich für ihren Einsatz für den CGPT LV-BW mit einem Präsent. Die leider nicht anwesenden, ausscheidenden Vorstandsmitglieder Ute Böhm und Julius Janz werden zu einem späteren Zeitpunkt von Dannenberger verabschiedet.

Der Landesvorsitzende schloss den Landesverbandstag mit dem Wunsch auf eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit und eine gute Mitgliederbetreuung in den Unternehmen gemäß dem Motto: „Blickpunkt Mensch“.

Gerhard Dannenberger, Landesverbandsvorsitzender